SS
2003. Betreuung: Hans-Joachim Popp, Ursula Damm.
Vordiplom
beschreibung
"gol_filter.dir"
ist ein System zur Echtzeitvideofilterung, dessen logische Verarbeitungsgrundlage
ein zweidimensionaler zellularer Automat nach dem Muster des 1970 von
John Conway entdeckten "Game Of Life" darstellt. Das mit einer
WebCam aufgenommene Bild wird vor dem Projektionsvorgang in Echtzeit modifiziert.
Der Betrachter kann so mittels Bewegungen Lokalität und Aktivität
des Filtervorgangs beeinflussen.
aufbau
Vor
einer Rückprojektionsleinwand steht eine WebCam, deren Videostream
in einem Rechner verarbeitet wird. Das Ergebnis wird ähnlich einem
Spiegelbild auf die Projektionswand geworfen. Die Projektionswand hat
in etwa Körpergrösse, um den Betrachter in Lebensgrösse
widerspiegeln zu können.
logik
Vorgang1:
Videostream
Das Kamerabild wird permanent eingelesen und mit minimaler Deckung und leicht
abgedunkelt über den Bildschirminhalt gelegt. Dabei wird ein zufälliger
Skalierungswert verwendet, so dass sich nach wenigen Sekunden ein abgedunkeltes,
unscharfes Abbild der Umgebung bildet.
Vorgang2: Zellularer Automat
Über diesen Vorgang werden „Zellen“ gezeichnet, die das
aktuelle Kamerabild ungefiltert, aber nur ausschnittsweise enthalten:
das Kamerabild ist in Blöcke von 12x12 Pixeln Grösse unterteilt.
Wo Zellen gesetzt, gelöscht, oder erhalten werden, folgt einfachen
Nachbarschaftsregeln, die – unabhängig vom Kamerabild - in
einer logischen Matrix etwa 15x je Sekunde und für jede Zelle einzeln
angewandt werden. Abhängig von der Anzahl der Nachbarn einer Zelle
haben die Regeln die einfache Form:
Löschen
wenn die Zelle weniger als 2 oder mehr als 3 Nachbarn hat
Erhalten oder Setzen, wenn die Zelle 2 oder 3 Nachbarn hat
Aus diesen einfachen mathematischen Regeln ergibt sich
eine organisch anmutende und stets transformierende Form.
Kombiniert mit Vorgang1 folgt daraus ein Spiegelbild, das an manchen Stellen
unscharf und dunkel ist, an anderen wiederum in natürlicher Helligkeit
und scharf erscheint. Letztgenannter Zustand ist aber lokal stets nur
von kurzer Dauer, da der Inhalt der Zellen durch die Anwendung der Regeln
ständigen Wandlungen unterliegt.
Wird eine Zelle über mehrere Prozesse hin nicht aktualisiert, so
wird sie zunehmend von Vorgang1 überdeckt und verschwimmt so langsam
im Dunkeln. Wird der zellulare Automat über längere Zeit nicht
angeregt, so gilt dies – mit Ausnahme weniger oszillierender Strukturen,
die regelbedingt entstehen können – für das gesamte Bild.
Nur der Inhalt der aktiven Zellen wird mit dem aktuellen Kamerabild gefüllt.
Die Gesamtprojektion zeigt daher ein deutliches Raster, das an manchen
Stellen hell ist und dessen Zellen innere Bewegung aufweisen da ihr Inhalt
dem aktuellen Kamerabild entspricht, während andere erstarrt in dunkle
Unschärfe zurücktreten. Die Projektion verbindet so unterschiedliche
Zeitebenen in einem Bild.
Vorgang3: Interface
Mit einem Differenzfilter werden stets die Helligkeitsveränderungen
des vearbeiteten Bildes überprüft. Bewegt sich der Betrachter,
so werden an den lokalisierten Differenzpositionen aktive Zellen in die
logische Matrix eingefügt. Der Betrachter hat so die Möglichkeit,
durch seine Aktionen den Automaten wieder anzuregen. Er kann den zellularen
Automaten in Bewegung versetzen oder auch einen bereits laufenden Zellprozess
überlagern.